15.07.2023 Thiviers - Sorges (17,5 km, 3:45 Std)
David hat es gestern nicht mehr geschafft, auf ein Bier zu uns zu kommen. Dafür hatten wir im einem privaten Zimmer nebenan noch eine Familie zu Gast, die fast den kompletten Kühlschrank beansprucht haben. Für unsere wenigen Sachen war aber noch genug Platz. In der Nacht ist ein Gewitter mit Regen vorbeigezogen, die Straße ist heute morgen noch feucht. Wir stehen auch erst spät auf und machen gegen 8 Uhr Frühstück. Erst eine gute Stunde später packen wir unsere Rucksäcke und starten. Die erste Straße vor uns ist gesperrt, es findet heute ein Markt statt. Die angebotenen Leckereien sehen so gut aus und riechen noch besser. Vor allem die gebratenen Hähnchen haben es uns angetan.
Der Himmel ist momentan grau und mit Wolken verhängt, die Temperatur ist angenehm aber es ist leicht schwül. Wir kommen gut vorwärts und machen ordentlich Meter. Jörg und ich philosophieren eine Weile über die mitzunehmende Ausrüstung. Wesentlicher Aspekt ist dabei die Reduzierung von Gewicht. Dabei werden wir von zwei Eseln, Hühnern und einer aufgeregten Gans und immer wieder von Hunden (zum Glück hinter Zäunen) begutachtet. Dann verlassen wir nach rund 5 Kilometern den markierten Weg und kürzen etwas ab. Nachdem wir wieder auf dem Camino laufen, überholt uns ein polnischer Fahrradpilger. Kurz darauf folgen noch drei weitere Biker, die unschwer an ihren Muschelsymbolen ebenfalls als Pilger zu erkennen sind.
Nach fast zwei Stunden machen wir auf einer Kreuzung einer verkehrsarmen Straße eine erste Rast. Währenddessen bekomme ich eine Mail bezüglich unserer morgigen Unterkunft in Perigueux. Wir werden bei eine Dame übernachten, die zwar nicht anwesend sein und uns nicht bekochen kann, uns aber Gemüse aus ihrem Garten bereitlegen wird. Da freuen wir uns schon drauf. Es geht weiter durch eine landwirtschaftlich geprägte Landschaft - wie zumeist in den letzten Tagen. Wir streifen durch Wiesen, Maisfelder und Wälder. Vor Négrondes laufen wir durch und an einer riesigen Plantage vorbei, an der Walnussbäume in Reih und Glied stehen. Das Dorf selbst bezeichnet sich selbst als "Village des nichoirs" - dementsprechend hängen dort zahlreiche Vogelnistkästen. Nach knapp 15 Kilometern machen wir noch einmal eine kurze Pause.
Jetzt sind es nur noch wenige Kilometer und man spürt, wie der Wind etwas zunimmt - da kommt doch nicht etwa eine Schlechtwetterfront auf uns zu. Es geht unter anderem an einem Feld mit Sonnenblumen vorbei und wir fühlen uns hundertfach von den gelben Blüten beobachtet. Gegen 13:30 Uhr erreichen wir Sorges und finden auch rasch die Pilgerherberge direkt neben der Kirche, die zu unserer Überraschung offen ist. Wir sind aber deutlich zu früh, sie öffnet erst um 16 Uhr. Die beiden Hospitaleros Pierre (aus Quebec/Kanada) und Jean-Luc haben noch einiges zu tun. Wir dürfen aber unsere Rucksäcke abstellen, sollen dann erst später ab circa 15 Uhr wiederkommen. Wir bekommen den Weg zu einem Supermarkt erklärt, wo wir uns mit einem Snack und Getränken für morgen eindecken. Inzwischen beginnt es leicht zu regnen, da haben wir aber Glück gehabt. Am Supermarkt gibt es eine überdachte Sitzgruppe, in die wir uns zurückziehen. Da es allmählich frisch wird, gehen wir zurück in Richtung Herberge und kehren noch in ein uriges kleines Café ein, lassen uns dort noch etwas verwöhnen, allerdings zu einem etwas höherem Preis.
Wir sind dann zur vereinbarten Uhrzeit wieder in der Herberge und unterhalten uns mit den beiden, die heute ihren letzten Tag ihres Dienstes haben. Am Abend wird noch die Nachfolgerin eintreffen. Auch diese Pilgerherberge ist klasse - klein, aber fein. Jean-Luc ist so nett, uns für übermorgen im Château Puyfarrat in Saint-Aster anzumelden. Das ist wohl ein ganz besonderer Geheimtipp für Pilger, wir sind freudig gespannt. Wir suchen uns im Obergeschoss unsere Betten aus und können nach der Dusche unsere Wäsche in der Maschine waschen. Im Anschluss drehen wir noch eine Runde durch Sorges und schauen uns die Kirche an. Dabei bekommen wir von einer Dame, die gerade ein abendliches Konzert vorbereitet, im Rahmen einer kleinen Führung ein paar Fakten zur Kirche erzählt.
Später kommt noch Frederic dazu, ein Franzose, der bisher immer einen Tag nach uns in den jeweiligen Herbergen war. Ausserdem lernen wir noch Annique kennen, die ab morgen für die nächsten zwei Wochen den Dienst in der Herberge versieht. Dann werden wir zum Abendessen gerufen. Jean-Luc hat Bœuf Bourguignon gekocht und es schmeckt köstlich. Wir sitzen noch eine Weile zusammen, bevor gegen 22 Uhr alle in ihren Betten verschwinden. Bonne nuit!
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