4. Etappe: Borres - Berducedo (25,8 km, 6:30 Std)
Mein Rucksack ist heute deutlich schwerer wie noch am gestrigen Tage. Beim Abendessen habe ich mir noch eine große Flasche Wasser und ein Brot gekauft, da es auf der heutigen Etappe keine Möglichkeit gibt irgendetwas einzukaufen. Um 7:15 Uhr ur marschiere ich los. Zunächst geht es steil bergauf, dann über einen Waldweg weiter bis zur Wegetrennung der beiden Routen. Ich habe mich bereits von Anfang an für die Routa de Hospitales entschieden, die zwar den direkten Weg über Pass und Berg nimmt, aber auch an 3 Ruinen von historischen Pilgerhospitälern vorbeiführt.
Der Camino führt mich momentan durch Heidelandschaft, es ist noch angenehm kühl und es Nebel liegt über der Landschaft. Ich bin jedoch frohen Mutes, dass dieser sich verzogen hat, wenn ich auf der Höhe angekommen bin. Unmittelbar hinter einer kleinen Kapelle aus dem 16. Jahrhundert in La Mortera beginnt der Weg erstmalig kräftig einzusteigen. Zum ersten Mal fließt heute richtig Schweiß. Ich werde heute etwas gemütlicher wandern, da es doch sehr viele Höhenmeter zu bewältigen gib, die mich letztendlich auf rund 1220 Meter bringen werden. Auch der Abstieg ist nicht zu verkennen, der wird ebenfalls Konzentration und Energie erfordern.
Gegen 8:20 Uhr wird es hinter meinem Rücken deutlich heller, die Sonne kommt zum Vorschein. Ich habe die berechtigte Hoffnung, dass es nun nicht mehr allzu lange dauert, bis die Nebelwand verschwindet. Nur zehn Minuten später und ein paar Höhenmeter weiter ist es dann tatsächlich geschehen und über mir ist nur blauer Himmel zu sehe. Es geht stetig bergauf, aber die wirklich herausfordernde Steigung erwartet mich erst in ein paar Kilometern. Der Nebel will den Kampf mit der Sonne anscheinend noch nicht aufgeben und zieht weiter in höhere Regionen.
Nach knapp 7 km bin ich auf etwa 1000 Meter Höhe angekommen. Hier mache ich eine erste keine Rast und nehme einen Schluck Wasser zu mir. Es ist hier oben total einsam: viel Grün, vereinzelt Bäume, Kuhglocken. Es ist so still hier oben, dass man sogar das Summen von Insekten deutlich hören kann. Wenige Schritte hinter der Passhöhe erreiche ich ein Hinweisschild, das auf eins der früheren Pilgerhospitale aus dem 15. Jahrhundert erinnert. Von der Ruine ist allerdings bis auf einen Steinhaufen nicht viel übrig geblieben. Hinter der Ruine geht es anschließend auf einem mit Geröll versehenen Weg steil bergauf. Hier oben liegen mehrere bis auf die Knochen abgenagte Überreste von Rindern herum. Aber in dieser Höhe grasen Wildpferde und Rinder gemeinsam das im Überfluss vorhandene Futter ab.
Es folgt jetzt noch ein kurzer, aber knackiger Anstieg und dann habe ich um circa 9:40 Uhr das Dach des Camino Primitivo erreicht. Von hier oben hat man einen wunderschönen Ausblick auf den zurückgelegten Weg. Kurz darauf erreiche ich die Ruinen des Hospital Fonfaraon aus dem 18. und 19. Jahrhunder. Diese Herberge kann man tatsächlich noch einigermaßen erkennen und anscheinend übernachten heute immer noch Pilger auf einer provisorisch auf Stein eingerichteten Liege.
Allmählich geht es wieder Stück für Stück abwärts, aber sehr moderat . Ich laufe mitten durch Kuhherden und habe jeden Augenblick den Eindruck, hinter der nächsten Ecke befindet sich eine Almhütte, in der man einkehren kann. Der Weg führt großzügige am Hang entlang um einen Talkessel. Es ist ein wunderbar Blick, der sich einem bietet und den man sich nur für wenige Augenblicke entziehen kann. Zu meiner rechten Seite hat man ebenfalls einen wunderschönen Ausblick auf die Bergwelt Asturiens. Dort hängen die Wolken noch sehr tief.
Es geht nun auf dem Pfad ständig im Wechsel auf und ab. Dann mache eine unverhoffte Entdeckung. Über mir kreisen vier Greifvögel mit einer sehr großen Spannweite. Es scheinen Geier zu sein. Es werden immer mir und im Endeffekt sind es fast zwanzig. Sie fliegen zum Teil in tiefer Höhe über mich hinweg, sodass ich das wirklich sehr leise Schlagen der Flügel hören kann. Das ist ein sehr anmutiges Naturschauspiel, wie majestätisch sich die Vögel in der Luft bewegen. Nach nur wenigen Minuten sind sie wieder genauso verschwunden, wie sie gekommen sind.
Schließlich erreiche ich den Puerto de Pablo auf rund 1100 Metern Höhe, wo sich die beiden Wegvarianten vereinigen. Von hier sollte es nur noch abwärts bis zum Tagesziel Berducedo gehen, jedoch ist das nur Wunschdenken gewesen. Hinter dem Weiler Montefurado mit seiner kleinen Jakobus-Kapelle geht es über einen steilen Pfad aufwärts, und das schlimme ist, du siehst vor dir, wo du gleich hinmusst.
Auch in Lago gibt es keine Möglichkeit, etwas zu trinken. So muss ich dann tatsächlich bis Berducedo laufen. Dort treffe ich zunächst Maria und ihre Freundin, danach bekomme ich in der Herberge Camino Primitivo noch ein Bett. Später treffe ich noch Gonzalo und Lis. Für sie und mich reserviere ich für morgen in der Jugendherberge in Castro jeweils ein Bett. Später gesellt sich Jammar aus Wiesbaden zu mir und wir quatschen fast eine ganze Stunde. Dann wird es Zeit, etwas zu essen. Ich wähle das Pilgermenu hier im Haus. Es gibt zuerst eine Terrine Gemüsesuppe, danach Pommes, Salat und Putensteaks. Nach dem Essen mache ich mich fertig für die Nacht.
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