Samstag, 20. Juni 2015

Man gönnt sich ja sonst nichts - heißer Schweiß und kühles Nass

Heute morgen zeigen sich einige Pilger von ihrer besten Seite. Draußen ist es noch dunkel und die ersten treffen schon ihre geräuschvollen Vorbereitungen für den Aufbruch. Im Übrigen ist es gerade einmal 4.00 Uhr. Das hat zur Folge, dass alle anderen im Schlafsaal ebenfalls aus ihrem wohlverdienten Schlaf gerissen werden. Jörg und ich schlummern noch etwas benebelt vor uns hin - doch dann meint eine ältere Britin, sie müsse unbedingt das Licht anmachen. Sogleich erhält sie von Jörg einen ordentlichen Rüffel verpasst, sodass sie umgehend das Licht wieder löscht. Doch Sekunden später betätigt der nächste den Schalter... Es ist jetzt kurz nach 5.00 Uhr. Diejenigen, die noch da sind, schütteln nur den Kopf und schauen den Frühpilgern verständnislos zu, wie sie die Herberge verlassen. Irgendetwas muss de Leute heute angetrieben haben, wahrscheinlich die angekündigten Temperaturen um die 34 Grad. Außer uns sind nur die zwei Italienerinnen da, die sich, genau wie wir, sehr viel Zeit lassen. Wir richten schon fast im Schneckentempo unsere Kleidung und Ausrüstung zurecht. Schließlich verlassen wir tatsächlich als letzte die Herberge, um gleich nebenan im Cafe Hamburgo unsere erste Pause einzulegen. Hier haben wir gestern einen Großteil unserer Wartezeit verbracht. Zum Frühstück gibt es heute ausnahmsweise schon früh ein Omelette mit Käse und Tomate. Erst gegen 8.15 Uhr verabschieden wir uns aus Ponte de Lima. Die ersten Kilometer führen uns über feste Wege und Straßen, oftmals durch grüne Weinlauben, und das bei angenehm kühler Temperatur. Nach einem  Fischteich lädt eine Bar zu einer Rast ein. Im Gegensatz zu den beiden von überholten Italienerinnen, erscheint jetzt eine Pause noch zu früh. Wie verbleiben auf dem immer noch sehr gut mit gelben Pfeilen markierten Caminho, bis wir in Codecal an einem kleinen Laden mit Bar eine Cola trinken. Nicht nur die Temperaturen steigen an, auch die Wegführung wird profilierter. Auf einem ausgespülten Felsenweg erklimmen wir auf vier Kilometern 400 Höhenmeter. Nicht nur die Steigung lässt den Schweiß laufen, die unregelmäßigen Abstände zwischen den unterschiedlich geformten Brocken erfordern höchste Konzentration. Wir passieren das Cruz dos Franceses, ein kleines Wegkreuz mitten im Anstieg, bei dem Pilger ihre Last in Form von Steinen ablegen können. Nach einen letzten Steilstück haben wir den höchsten Punkt erreicht und genießen die schöne Aussicht. Auch der Abstieg erfordert unsere Aufmerksamkeit,geht es doch über ähnliche Geröllfelder wie beim Aufstieg. An einem weiteren Wegkreuz wurde ein Medaillon mit einem Schutzengel aus dem Kloster Maria Laach (in der Nähe meines Wohnortes Koblenz) abgelegt. Nur wenig weiter entdecken wir überraschenderweise den Hinweis auf eine Bar, dem wir gerne folgen. Kurz vor unserem Eintreffen verlässt gerade eine größere Pilgergruppe den Hof. Dafür treffen wir einige bekannte Gesichter: Jan, die junge Polin, zwei Spanier und Señor Cerveza, ein Paar aus Österreich sowie ein älteres Ehepaar aus Rottenburg. Jan hatte sich schon Sorgen gemacht, behauptete er zumindest und prostet und zu. Auch wir erfrischen uns ein wenig, bevor wir die letzten Kilometer in Angriff nehmen. Bereits am Ortseingang von Rubiaes finden wir unsere private Unterkunft Quinta das Leiras, wo wir von Ana begrüßt werden. Sie zeigt und das Zimmer in einem eigenen Gebäude am kleinen Pool, mit dem wir mehr als zufrieden sind. Unsere verschwitzte Wäsche verschwindet gleich in der Waschmaschine und dann startet unser Relaxprogramm: duschen, schwimmen, ruhen. Zwei Niederländer sind ebenfalls hier zu Gast, von denen einer fürchterliche Blutblasen an den Füßen hat. Davon sind wir bisher verschont geblieben. Nachher gehen wir in den Ort etwas essen. Wir sind gespannt, wen wir noch treffen.

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