Eines Tages wirst du feststellen, dass du keine Zeit mehr hast. Der Moment ist jetzt. Handle. (Paulo Coelho)
Es war eine ruhige Nacht in der Herberge. Um 7:00 Uhr wird das Licht angeschaltet, was ich persönlich gut finde. Keiner hat vorher begonnen, seine Sachen zu packen und die anderen zu stören. Wir gehen zunächst in den Frühstücksraum, wo Eugenia und Pablo ein kleines Frühstück vorbereitet haben. Zum Kaffee gibt es Toast, Butter und Marmelade - völlig ausreichend für diese Uhrzeit. Um 8:15 Uhr haben wir unseren Rucksack gepackt und wollen losziehen. Wir verabschieden uns von unseren Gastgebern und sind dankbar für diese schöne Unterkunft, in der ich bereits zum dritten Mal genächtigt habe. Pablo macht von uns beiden noch ein Erinnerungsfoto für Social Media und dann geht es los. Es ist kalt, nur 10 Grad. Heute ist bei mir zusätzlich der Pulli mit langem Arm angesagt.
Kaum sind wir auf dem Camino, fällt die große Anzahl an Pilgern auf, die vor allem aus Redondela kommend zu uns stoßen. Es geht einen ersten Hügel hinauf durch Wald und wieder abwärts nach Arcade. Hier hat sich die Wegführung ein wenig verändert, aber wir nutzen die bisherige Strecke. Dabei kommen wir an einem Infostand der Gemeinde vorbei und bekommen auch einen Pilgerstempel. Beim Vorbeilaufen an einem Souvenirladen stehen dagegen bestimmt zwanzig Pilger in einer Schlange, um einen Stempel zu erhalten. Wir müssen vor der Ponte Medieval de Pontesampaio durch eine Baustelle gehen, bevor es danach wieder mal mehr, mal weniger steil aufwärts geht. Mitten im Anstieg über grobe Steine machen wir an einer Pilgerrast eine kurze Pause und treffen dort auch wieder die Holländerin. Schon bald geht es weiter hinauf, vor uns weitere Pilger, die wir vorher noch nie gesehen haben. Der Anstieg geht weiter auf einer Straße und man erreicht am Waldrand den höchsten Punkt. Hier steht ein Imbisswagen, wo sich wiederum viele Leute aufhalten. Endlich geht es nun bergab durch Wiesen und Felder, vereinzelt auch an Häusern vorbei.
Schließlich erreichen wir gegen 11:30 Uhr die ein paar Meter vom Weg abseits gelegene Bar Casa Fermin in Santa Marta, wo wir eine längere Pause einlegen. Vor uns auf dem Tisch liegen Bocadillos mit Schinken und Käse und ein Café con leche. Erst eine Dreiviertelstunde später setzen wir uns wieder in Bewegung. Es ist jetzt nicht mehr weit bis Pontevedra. Am der nächsten Ecke müssen wir uns zwischen zwei Streckenverläufen entscheiden: entweder an der Straße entlang auf dem offiziellen Weg oder über eine alternative Route entlang des Rio Tomeza, einem kleinen Bach. Dieser führt überwiegend durch schattigen Eukalyptuswald und wird von uns bevorzugt. Schon bald hat uns die Zivilisation wieder und wir befinden uns am Eingang von Pontevedra.
Hier ist es laut, viele Autos, hektische Menschen und Häuserschluchten. Unser erstes Ziel ist die Igrexa da Virxe do Camiño, DAS Wahrzeichen der Stadt und erste Anlaufstelle für Pilger. Auf dem Weg zu unserer Herberge Acola Sport Hostel treffen wir noch einmal Kathy und Robin, die sich erst einmal umgesehen haben und nun zu ihrer Unterkunft gehen. Wir stehen gegen 13:00 Uhr davor und werden direkt eingelassen. Die Herberge in der Nähe der wunderschönen Iglesia de Santa María la Mayor ist modern eingerichtet, die nur sechzehn Betten haben alle einen Vorhang und sind mit Wäsche ausgestattet. Wir sind auf jeden Fall zufrieden. Und wen treffen wir dort: mal wieder die Holländerin.
Ich habe mir auf dem letzten Wegabschnitt vermehrt Gedanken um die letzten beiden Tage unserer Pilgerwanderung gemacht. Ursprünglich war angedacht, im Kloster Herbón zu übernachten. Da aber inzwischen viele Pilger unterwegs sind und wir bereits um 9:30 Uhr mit dem Boot in Pontecesures anlegen werden, ist bis zur Öffnung der Herberge einfach zuviel Leerlauf. Aufgrund der begrenzten Kapazität könnte es sein, dass wir nicht aufgenommen werden können. Alternativ werden wir circa 15 Kilometer laufen und in einer sehr gut bewerteten privaten Herberge in Pedreira verbleiben. Dadurch halbiert sich auch der letzte Abschnitt nach Santiago de Compostela am Freitag.
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