Donnerstag, 2. Oktober 2025

Nicht bestellt, aber bekommen

02.10.2025: A Guarda - Porto Mougás (19,6 km)


Heute gehen wir den Tag total entspannt an, denn wir haben im Vergleich zu den bisherigen Tagen nur eine kurze Strecke vor uns. Das wird sich auch an den folgenden Tagen wiederholen. Wir halten es sehr lange  in der Herberge aus, während die meisten schon früh auf den Beinen waren. Davon haben wir aber nicht viel mitbekommen, da jedes Bett mit einem Vorhang versehen und dadurch eine gewisse Privatsphäre gegeben ist. Erst gegen 8:45 Uhr sind wir auf der Straße und laufen einigen Eltern hinterher, die ihre Kinder zur Schule bringen. Am Ausgang winken uns die beiden Insassen eines Fahrzeuges des Guardia Civil freundlich zu und außerdem verabschiedet uns ein sitzender Jakobus noch aus A Guarda. Es ist frisch, etwa 15 Grad verrät die Wetterapp und gerade quält sich die Sonne in den Tag. Eine Bergkette im Osten verhindert jedoch, dass uns ihre wärmenden Strahlen erreichen.


Unser Camino führt uns zunächst auf steinigem Pfad unmittelbar an der Küste entlang, wechselt aber auch gerne hin und wieder auf den breiten und von der Fahrbahn abgegrenzten Seitenstreifen einer gut genutzten Landstraße. Wir kommen wie immer gut voran und gönnen uns eine erste Pause nach 7 Kilometern gegen 10:30 Uhr. Die Bar Explanada de Horizonte in Portecelo hat eine excellente Lage mit tollem Blick auf die See. Wir genießen den Ausblick intensiv bei einem leckeren Bocadillo mit Schinken und einem Stück Tortilla. Wenn man bedenkt, das mit Bocadillo nur ein „kleiner Happen“ gemeint ist… Das Baguette auf unserem Teller sieht jedenfalls deutlich größer aus. Inzwischen haben auch andere Pilger die Vorzüge dieser Örtlichkeit erkannt.  Wir zählen 16 Personen, so viele Pilger auf einmal haben wir bisher noch nicht zu Gesicht bekommen. Es wird also Zeit für uns, nach einer Dreiviertelstunde Platz für andere zu machen und wieder aufzubrechen.


Mittlerweile ist auch die Sonne über den Berg gekommen, allerdings werden wir phasenweise von Nebel umhüllt. Wir ziehen weiter parallel am Küstenstreifen, der wieder einmal zerklüftet ist. Da wir heute viel Zeit haben - unsere Herberge öffnet erst um 15:00 Uhr - wollen wir bei der nächsten Rastmöglichkeit wiederum eine Pause einlegen. Die ergibt schon nach weiteren 6 Kilometern in Oia, wo sich der Nebel zwischenzeitlich verzogen hat. Da sich in einer Bar einige osteuropäische Pilger lautstark mit ihren Getränken beschäftigen, begeben wir uns zu einer nahe gelegenen Tapasbar, wo es zudem noch den passenden Pilgerstempel von Oia gibt. Wir sitzen im Freien mit Blick auf eine kleine Bucht und trinken etwas in Ruhe. Lecker waren die dazu gereichten grünen Oliven. Anschließend wollen wir uns noch die Kirche des Mosteiro de Santa María de Oia anschauen. Das Kloster war eine Gründung der Zisterzienser aus dem frühen 12. Jahrhundert und stellt auch heute noch mit seinem imposanten Gebäudeensemble eine sehenswerte Attraktion dar. Leider ist der Zugang zur Klosterkirche verschlossen und man kann lediglich durch zwei Gitterfenster ein Blick ins Innere erhaschen, der sich allemal lohnt. Schade, dass nicht mehr möglich ist.


Gegen 14:35 Uhr treffen wir in Mougás wieder von leichtem Nebel begleitet vor  unserer heutigen Albergue Anguncheira ein. Noch eine knappe halbe Stunde müssen wir warten, bis wir herein dürfen. Eine Amerikanerin, die in London lebt, schaut uns etwas verwundert an und spricht von 1,5 Stunden. Ich frage sie, ob sie vielleicht noch die portugiesische Uhrzeit auf ihrem Smartphone hat. Ja, hatte sie: „You made my day!“ war ihre Antwort. Neben uns dreien warten noch vier weitere Pilger auf Einlass, der uns pünktlich gewährt wird. Nachdem alle mit einem Bett und einem Snackbeutel für morgen früh (Inhalt: zwei Äpfel, zwei Magdalenas, Kaffeepulver und Milch) versorgt sind, kommen Jörg und ich an die Reihe. Die junge Frau nimmt uns mit in ein Nebengebäude und übergibt uns ein kleines Zimmer mit einem Etagenbett und eigenem Bad. Dazu gibt es noch ein Bettwäschepaket mit Handtuch und der Preis ist zudem noch jeweils zwei Euro günstiger als die gebuchten Betten. Das nehmen wir natürlich gerne mit, wissen aber nicht, warum wir das verdient haben.


Nach der Dusche haben wir Durst, gehen zum benachbarten Restaurant, wo wir heute Abend auch etwas essen können. Wir leisten Felipe, einem Portugiesen, etwas Gesellschaft. Er hat sich ein paar heftige Blasen gelaufen, die auch schon vom Roten Kreuz versorgt wurden. Meine Feststellung: vor acht Jahren wurde hier Estrella Galicia ausgeschenkt, heute befindet Super Bock im Glas. Damit können wir leben. Brinda! Das hat uns Felipe beigebracht und bedeutet „Stoß an“. Am Abend bekommen wir als Hausgäste noch etwas zu Essen. Weit und breit gäbe es sonst keine Möglichkeit. Unsere Wahl fiel wieder auf galizische Spezialitäten, Piementos de Padron und Zorza.
























Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen