Sonntag, 5. Oktober 2025

Aus Zufall wird Standard

05.10.2025: Vigo - Cesantes (19,5 km)


Rückblick: im Juni 2015 liefen Jörg und ich auf dem Caminho Portugues durch Redondela mit dem Tagesziel Arcade. Der leichte Regen nahm zu und wir entschieden uns, die Etappe abzukürzen und nur bis Cesantes zu laufen, da es dort eine Pilgerherberge gab - das Refuxio de la Jerezana. Wir fühlten uns dort gut aufgehoben und hatten die richtige Entscheidung getroffen. Zwei Jahre später wählte ich die Küstenvariante und es war für mich klar, wieder bei Marie in Cesantes zu übernachten. 2021 war ich zum dritten Mal dort, aber nur zu Besuch. Damals war ich mit meiner Frau Susanne unterwegs und wir hatten eine benachbarte Unterkunft gebucht. Es war mir leider nicht bekannt, dass es inzwischen auch ein privates Zimmer gab. Aber dennoch war ich erfreut, Marie anzutreffen.


Entgegen dem gestrigen, schmuddeligen Tag sollte sich das Wetter deutlich verbessern. Ab 6:00 Uhr herrscht bereits rege Betriebsamkeit in unserem Schlafsaal, die aber nicht unbedingt störend wirkte. Jörg und ich lassen uns noch etwas Zeit, schnappen uns dann aber doch den Rucksack und begeben uns in den Aufenthaltsraum im vierten Stock. Zuerst holen wir unsere im Waschraum noch hängenden Kleidungsstücke und machen uns dann in Ruhe fertig. Ich stelle dabei fest, dass ich mir eine kleine, noch geschlossene Blase am rechten mittleren Zeh zugezogen habe. Anscheinend gab es am Zehenheber der Einlage eine kleine Druckstelle. Ich belasse es dabei und versuche, den Tag durchzustehen. Um 7:40 Uhr verlassen wir die öffentliche Herberge von Vigo. Es ist deutlich kühler als gestern und es weht ein leichter Wind. Allerdings ist schon jetzt in der Dunkelheit zu erkennen, dass über uns der Himmel völlig wolkenlos ist. Wir ziehen durch unendlich lange Straßen am Hafen entlang. Es sind nur ganz wenige Autos unterwegs und noch weniger Menschen. Nur vereinzelt ist das Geschrei von Möwen zu vernehmen.  


Wir brauchen ein geschlagene Stunde, um die 300.000-Einwohner-Stadt hinter uns zu lassen und landen zunächst auf einer Fahrradstraße. Von dort zweigt der Weg ab in ein Steilstück, dass uns auf einen Kilometer rund 100 Meter in die Höhe auf die Senda de Auga bringt. Hier sind schon mehr Pilger unterwegs, aber noch mehr Fahrradfahrer und Läufer. Um 10:00 Uhr haben wir 10 Kilometer zurückgelegt und auch dem Boden weist uns weiße Farbe auf eine Café-Bar hin. Die kommt uns gerade recht. Wir sind anscheinend die ersten Pilger, die heute in der gemütlichen O Eido Vello Cabanas einkehren. Von hier oben hat man einen tollen Blick auf die imposante Ponte de Rande über die Ria de Vigo und die zahlreichen Muschelbänke. Wir genießen zwei Café con leche und ein Bocadillo. Inzwischen füllt sich der Gastraum mit weiteren Pilgern, sodass wir unsere Siebensachen packen und weiterlaufen. Kurz darauf erfreut ein junger Dudelsackspieler die vorbeiziehenden Pilger und endlich schafft es auch die Sonne über den Berg. Es wird auf einen Schlag warm.


Gegen 11:45 Uhr sind wir in Redondela. Gleich am Eingang bietet uns ein Geschäftsinhaber einen Stempel an, den wir gerne mitnehmen. Hier vereinigen sich der Caminho Portgues Central und der Caminho Portugues de la Costa. Das macht sich direkt bemerkbar, denn auf einmal sind viel mehr Pilger um uns herum. Wir entschließen uns, die verbleibende Strecke bis Cesantes durchzulaufen, wollen aber noch kurz in die Igrexa de Santiago de Redondela reinschauen. Diese ist vollbesetzt für den gleich beginnenden Gottesdienst, sodass wir weiterziehen. Nur wenige Schritte weiter befindet sich die Capilla de Saint Mariña, die ich erstmals offen vorfinde und wo es sogar einen Stempel gibt.


Es geht jetzt noch etwas bergauf, bevor wir entgegen der Pilger um uns herum nach rechts abbiegen zum Refuxio de la Jerezana, das etwas abseits vom Weg liegt. Um 12:45 Uhr stehen wir vor der noch verschlossenen Tür, werden aber bereits von  Eugenia begrüßt. Marie werden wir nicht treffen, den sie hält sich seit einiger Zeit in Deutschland auf. Nur wenige Minuten später erscheinen Kathy und Robin aus der Nähe von Dortmund, mit denen wir uns nach dem Einrichten, Duschen und  Waschen zusammensetzen und uns unterhalten. Die beiden sind auf dem Caminho Central unterwegs gewesen. Für heute Abend haben wir direkt ein Menü bestellt und brauchen uns darüber keine Gedanken zu machen. Wir genießen einfach die freie Zeit zum Ausruhen in dieser wunderbaren Oase.

























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