Heute wird der letzte Tag sein, an dem wir eine Etappe auf unserem Camino laufen werden. Ab 7:30 Uhr soll es Frühstück geben, jedoch beginnen die Vorbereitung des Personals erst eine Viertelstunde später. Das ist halt die spanische Mentalität. Trotzdem genießen wir das Frühstück und machen uns dann um 8:20 Uhr auf den Weg. Olly wirft unterwegs noch ein paar Postkarten ein und dann beginnt es leicht zu nieseln. Wir ziehen die Schutzhauben über die Rucksäcke und folgen der Markierung aus Fisterra heraus. Dabei verlaufen wir uns das erste Mal auf dieser Tour, jedoch finden wir rasch auf den richtigen Weg zurück. Es geht durch einige Dörfer und dann erwartet uns der erste Anstieg. Dort verlaufen wir uns erneut, bemerken die falsche Richtung jedoch und haben im Ergebnis rund achthundert Meter Umweg gemacht. Kurz darauf begegnet uns Fuji, dem wir schon in der Negreira zum ersten Mal getroffen haben. Er ist zunächst nach Muxia gelaufen und hat nun Fisterra zum Ziel. Es kommen uns einige Leute entgegen, aber wir kennen niemanden von ihnen. Zum Glück für uns hat es schon seit geraumer Zeit aufgehört zu regnen. Stattdessen beehrt uns die Sonne samt blauem Himmel und vereinzelten Wölkchen. Hinter einer Biegung haben wir wieder Blick auf den Ozean. Das Rauschen der Wellen ist trotz der deutlichen Entfernung zu vernehmen. Es wechseln sich nun schattige Waldwege mit einsamen Wirtschaftswegen ab. Nach genau fünfzehn Kilometern erreichen wir Lires, wo wir in einer Bar den notwendigen Stempel des heutigen Tages erhalten. Zudem nutzen wir die Gelegenheit zum zweiten Frühstück. Hinter Lires befindet sich eine neue Brücke über einen Fluss. Früher musste man hier über Granitblöcke waten, die noch heute im Wasser liegen. Die Landschaft wird zunehmend grüner, links und rechts befindet sich Ackerfläche für Mais oder Kohl. Es folgt ein weiterer intensiver Anstieg, der uns innerhalb von rund acht Kilometern mit einem Höhenunterschied von 300 Metern beglückt. Danach erfolgt der Abstieg über einen ausgewaschenen Weg mit groben, weit auseinander liegenden Steinen. Olli läuft schon die ganze Zeit fröhlich pfeifend hinter mir. An einer gelben Mülltonne prangt ein toller Spruch, der uns beiden so gut gefällt, dass wir ihn sofort zum Motto des Tages ausgewähen. Schließlich erblicken wir wieder das Meer und laufen an einer Straße entlang nach Muxia hinein. Gegen 15:15 Uhr sind wir in der öffentlichen Herberge und erhalten zwei Betten. Nach den üblichen Pflegemaßnahmen wollen wir der Wallfahrtskirche Virxen de Barca einen Besuch abstatten. Im Dezember 2013 hat die Kirche nach einem Blitzeinschlag große Schäden davongetragen. Diese kann man heute noch deutlich im Altarraum erkennen. Wenn man oberhalb der Kirche auf den Felsblöcken sitzt, wirkt diese tatsächlich wie ein ruhender Fels in der Brandung. Der Atlantik kracht unter lautem Getöse an die bizarren, im Laufe der Zeit rund gespülten Felsformationen und hinterlässt nur weiße Gischt. Es ist ein faszinierendes Schauspiel. Wir lassen die Natur eine Weile auf uns einwirken und gehen dann zurück in die Stadt, um etwas zu essen. Doch zunächst haben wir eine sehr interessante Unterhaltung mit Carola, Gabi und Thomas aus Köln, die von A Coruna aus den Küstenweg bis nach Muxia gelaufen sind. Nun sitze ich auf der Dachterrasse unserer Herberge und schreibe diese Zeilen. Direkt vor mir versinkt die Sonne allmählich im Meer. Morgen früh werden wir um 6:45 Uhr mit dem Bus zurück nach Santiago fahren.
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