Heute wird es interessant für, den zum ersten Mal überschreiten wir die 20 km-Marke, und das mit 29 km sehr deutlich. Das Wetter meint es allerdings gut mit uns, denn es ist wesentlich kühler angesagt als die Tage zuvor. Kurz nach 6:00 Uhr sind wir bereits wach und beginnen, die Vorbereitungen für den Tag zu treffen. Patrice bereitet für uns vier das Frühstück vor, das wir gemeinsam einnehmen. Wie geplant verabschieden wir uns wenige Minuten nach 7:00 Uhr von unserem Hospitalero und leider auch von Alain, der heute seinen Sohn für eine kurze Etappe erwartet.
Es ist tatsächlich frisch draußen, der Himmel ist bedeckt und es weht uns eine leichte Brise entgegen. Zunächst laufen wir durch ein Wohngebiet und wechseln anschließend an den Rand der stark befahrenen D932, die wir aber schnell wieder verlassen können. Danach sind wir wieder in einem schattigen Wald und haben sandigen Untergrund unter den Füßen.
Wir haben bereits sechs Kilometer hinter uns, als wir am Ende des Sandweges in Bostens an einer Begrenzungsmauer eines Hause erstmals unsere Rucksäcke ablegen - so wie wir es geplant hatten. Wir lassen uns eine gute Viertelstunde Zeit, bevor es weitergeht. Hinter der nächsten Kurve erscheint eine Sitzgruppe… Nicht weit davon entfernt stolpern wir beinahe auf einen großen Hirschkäfer, den wir von der gefährlichen Straße heben und somit vielleicht vor dem Überfahren retten.
Unseren nächsten Stopp verpassen wir fast. Im gleichen Ort will ich nur kurz in die Kirche schauen, sie scheint aber verschlossen zu sein. Dafür entdecke ich rechts daneben einen Hinweis auf eine Pilgerrast und hinter der Türe erscheint ein gemütlich eingerichteter Raum mit Sofa, Tisch, offenem Kamin, Kühlschrank und Kaffeemaschine. Das ist eine tolle Sache, der wahrscheinlich früheren Wohnung des Pfarrers eine neue Funktion zu geben. Einen Pilgerstempel gibt es noch dazu. Den holen wir uns und ziehen nach der Besichtigung der tatsächlich offenen Kirche (man muss halt nur den Hebel richtig runterdrücken) weiter, denn erst in Gailleres nach circa 13 Kilometern wollen wir uns in einer Bar erfrischen.
Weitere sieben Kilometer weiter finden wir in Bogue eine weitere Bar, in der wir uns zur Mittagszeit ein Kaltgetränk gönnen. Dann folgt wieder etwas inzwischen Bekanntes: eine stillgelegte Bahnlinie, der wir bis fast zum Ende der Tagesetappe über knapp acht Kilometer schnurgeradeaus folgen müssen. Dabei biegen sich die zu beiden Seiten stehenden Bäume wie das Rippengewölbe einer gotischen Kathedrale über uns. Ein gigantischer Anblick ist das. Gegen 15:00 Uhr stehen wir vor dem Asia-Shop, bei dem wir gehen Vorlage des Pilgerausweises den Schlüssel für die Herberge erhalten, die mir eine Straßenecke davon entfernt liegt.
Wir machen uns dort breit, duschen, waschen - so wie jeden Abend. Ich erkunde dann noch ein wenig die Stadt und nehme den Donjon Lacataye und die Église Saint-Madeleine mit. Zuletzt kaufen wir unser Abendessen ein, das Jörg in der Küche zubereitet: Tomatensalat und Spaghetti mit Gorgonzola-Sauce. Inzwischen sind noch Gregor und Jaczek aus Polen dazugestossen, außerdem kam beim Besuch von André, dem Hopitaleiro, Claire dazu, die ein eigenes Zimmer bekommt. Wir teilen mit den beiden Polen die reichliche Mahlzeit und erledigen auch gemeinsam den Abwasch. Dabei erzählen sie, dass sie vor sechs Jahren in Stettin gestartet sind und auch über den Lahn- und Mosel-Camino nach Frankreich kamen.
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