18.07.2024: Harambeltz - Saint-Jean-Pied-Port (26,1 km)
Der letzte Tag auf der Via Lemovicensis ab Vezelay steht heute für uns an. Kurz vor 6:00 Uhr stehen wir auf, packen die Wäschekörbe mit unseren Habseligkeiten und verlassen ziemlich geräuschlos den Schlafsaal. Unten bereiten wir uns für den Tag vor, Sonnencreme, Hirschtalg auftragen, Rucksack packen. Dann genießen wir das Frühstück. Leckeres Brot liegt bereit und im Kühlschrank steht eine große Auswahl regionaler Marmeladen. Gegen 7:00 Uhr sind wir abmarschbereit und verabschieden uns von Marie, die kurz zuvor zu uns gestoßen ist.
Gleich zu Beginn erwartet uns der erste von mehreren Anstiegen. Als es wieder abwärts geht, erscheint gerade die Sonne in unserem Rücken und verwandelt mit den Nebelschwaden die Landschaft in eine geheimnisvolle Szenerie. Wir laufen auf Wald- und Feldwegen, manchmal auch am abgetrennten Rand einer Straße. Wir überholen sogar drei andere Pilger. Nach 10 Kilometern erreichen wir in Utziate eine alte Mühle, die vor langer Zeit zu einem Pilgerhospital gehörte. Heute stehen da vier Betten drin, die von Pilgern genutzt werden können. Hier machen wir eine erste kurze Trinkpause. Es tut einfach gut, den Rucksack einmal für eine kurze Zeit von der Schulter zu nehmen, da bringt enorme Entspannung für die Muskulatur.
Eine etwas längere Pause bietet sich in Gamarthe bei der Ferme Elizalida an. Dort werden unter anderem baskische Schinken hergestellt. Wir kaufen ein Sandwich mit Schinken und genießen das. Eine halbe Stunde später gehen wir gestärkt weiter. Wir versuchen, wo immer möglich, im Schatten zu bleiben. Der Temperaturunterschied macht sich krass bemerkbar, vor allem, weil heute kein Wölkchen den strahlend blauen Himmel verdeckt. Endlich erklimmen wir den Letzten schweißtreibenden Peak für heute, machen oben gleich noch eine kurze Trinkpause.
Wir überholen kurz vor Saint-Jean-de-Vieux eine ältere Dame, die sich später als Kanadierin herausstellen wird. Im Hotel Mendy machen wir eine weitere längere Rast und haben ein nettes Gespräch mit der Kanadierin. Die Tische neben uns sind gerammelt voll mit Menschen, die man aufgrund ihrer Rucksäcke allesamt als Pilger identifizieren kann. Wir lassen uns fast eine Dreiviertelstunde Zeit. Es sind jetzt nur noch rund vier Kilometer bis Saint-Jean-Pied-de-Port, die wie im Fluge vergehen.
Wie im Fluge reflektiere ich dabei den gemeinsamen Jakobsweg von Jörg und mir durch Frankreich. Das sind jetzt immerhin 1383 Kilometer gewesen. An den ersten Abschnitt von Trier bis Vezelay werde ich auch im Baskenland durch die Kanaldeckel aus Pont-a-Mousson an der Mosel erinnert. Die Via Lemovicensis mit ihren jetzt 915 Kilometern trage ich immer um den Hals in Form eines ovalen Steines mit Jakobsmuschel, den ich mir 2013 in Vezelay gekauft habe. Wir haben schöne Landschaften und tolle Menschen kennengelernt. Auch mit den geringen Sprachkenntnissen haben wir uns bei den insgesamt sechs Teilstücken bis an die Pyrenäen durchgeschlagen. Auf all das sind wir beide stolz, denn wir haben einen weiteren wichtigen Zwischenschritt erreicht und werden morgen mit dem Camino Frances einen neuen Abschnitt auf dem Weg nach Santiago beginnen.
Über die Rue de la Porte Saint Jacques erreichen wir Saint-Jean-Pied-de-Port und holen uns im gut besuchten Pilgerbüro den begehrten Stempel ab. Einmal um die Ecke liegt unsere reservierte Unterkunft La Vita e Bella, vor der wir um 14:30 Uhr stehen. Wir müssen noch eine halbe Stunde warten, dann lässt uns Sandrine herein. Wir, das sind außerdem Erik aus Schweden sowie zwei Pilgerinnen aus Südkorea und Taiwan. Alle starten morgen ihren Camino, sprechen Englisch und wir können uns gut verständigen. Sandrine weist uns in das Haus ein und nachdem sich jeder ein Bett ausgesucht hat, beginnt unsere tägliche Prozedur. Später kommen noch dazu Nathalie und Helene (die wir schon in der gestrigen Unterkunft kennen gelernt haben), Pasquale aus Italien und ein Däne.
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