04.10.2925: A Ramallosa - Vigo (20,5 km)
Manchmal könnte man seine Mitpilger wegen ungehörigen Verhaltens einen hinter die Ohren geben. In der Regel hat in der Unterkunft gegen 22:00 Uhr Ruhe zu herrschen. Gestern kamen ein paar Amerikaner erst eine halbe Stunde später in die Herberge zurück, sich laut unterhaltend. Davon wurde ich wach und musste mit anhören, wie eine weitere halbe Stunde ein rücksichtsloses Verhalten gegenüber den bereits Ruhenden gezeigt wurde. Zum Beispiel gab es keine Türe, die die auch nur annähernd leise geschlossen wurde. Just in dem Moment, als ich aufstehen und ihnen ein paar Takte sagen wollte, herrschte auf einmal Stille. Ich konnte rasch wieder einschlafen und wachte erst um 7:00 Uhr auf. Das war die Zeit, die Jörg und ich für uns festgelegt hatten.
Eine halbe Stunde bleibt mir jetzt noch bis zur vereinbarten Abmarschzeit. Alle Kleidungsstücke, die in meinem Zimmer offen lagen, sind etwas klamm. Um 7:40 Uhr verlassen wir die Unterkunft und spüren sofort, dass es gar nicht kalt ist. Im Laufe der Wanderung wird die Temperatur zwischen 17 und 20 Grad schwanken. Allerdings ist der Boden feucht, es scheint in der Nacht geregnet zu haben. Wir ziehen los, es geht zunächst einmal durch dunkle, enge Straßen, die nur spärlich beleuchtet sind. Allmählich beginnt leichte Feuchtigkeit auf uns herabzukommen - Nebel war für heute angekündigt und dazu null Sonnenstunden, tolle Aussichten, die uns aber bekannt waren. Es dauert nicht lange, bis wir unsere Rucksäcke mit dem Regenschutz verpacken. Eine Stempelstelle an einer Hauptstraße in Nigrán wird natürlich auch noch mitgenommen. Dahinter ginge der markierte Weg rechts ab, aber wir entscheiden uns, weiter an der Straße zu bleiben. Grund dafür ist auch ein steiler Anstieg und der wahrscheinlich matschige Boden im Wald.
Der Niederschlag wird jetzt so stark, dass wir unsere Regenschirme auspacken und uns beschirmen. Es ist weiterhin warm und die Nebelschwaden hängen immer noch tief. Bei Kilometer 9 setze ich noch einen drauf, hole meine Regenjacke heraus und packe mich damit ein. Allmählich würden wir uns eine Möglichkeit für ein kleines Frühstück wünschen, und schwups - in Coruxo erfüllt sich der Wunsch. Inzwischen sind wir 12 Kilometer gelaufen und 2:45 Stunden unterwegs. Do lange haben wir es bisher noch nicht ohne Frühstück ausgehalten. In der Cafeteria Atenea bekommen wir eine Kleinigkeit. Keine Kleinigkeit ist eine nicht zu öffnende Toilettentür. Ich malte mir bereits die einen längeren Aufenthalt in dem kleinen Örtchen aus, konnte mich dann aber doch noch befreien.
Wir nähren uns unaufhaltsam Vigo, einer spanischen Großstadt. Zunächst laufen wir gemäß der Empfehlung der Buen Camino-App auf einem eigentlich nicht markierten Weg in Richtung Zentrum. Es finden sich aber immer wieder wegweisende Monolithen und gelbe Pfeile entlang des Rio Lagares. Neben uns schiessen mehrere Hochhäuser und das gerade im Umbau befindliche Estadio Abanca Balaidos von Celta Vigo vorbei. Je näher wir in die Stadt kommen, desto lauter und unfreundlicher wird die Umgebung. Zu unserer Freude, hängen in den Schaufenstern vieler Geschäfte oder Restaurants die gelben Muscheln auf blauem Grund und die gelben Pfeile. Ein Verlaufen ist eigentlich nicht möglich. Es beginnt auch wieder mit stärkerem Niederschlag und wir sind froh, gegen 13:00 Uhr die öffentliche Pilgerherberge zu erreichen, die gerade erst öffnet. 91 Pilger haben hier die Möglichkeit zu übernachten, wir sind heute die Nummern 4 und 5. Wir können uns also noch die Betten aussuchen, ich wechsele aber später noch einmal. Zunächst hatte ich mich für ein unteres Bett entschieden, stieß aber beim Aufstehen immer gegen das obere. Oben ist halt mehr Platz nach oben. Einige Pilger sind uns schon über den Weg gelaufen, so auch die italienische Pilgerin mit ihren Blasen. Es ist immer wieder spannend, wenn Jörg ihr auf Englisch versucht zu erklären, dass Hirschtalg Blasen verhindert und sie auf italienisch Vaseline anpreist.
Eigentlich wollten wir heute Abend etwas warmes essen, aber so ziemlich alle Restaurants öffnen erst wieder ab 20:00 Uhr, das ist uns zu spät. Es gibt deshalb ein Bocadillo mit Schinken in einem Einkaufscenter. Damit kann man sich aber auch zufrieden geben. Da die Basilika Santa Maria de Vigo in der Nähe ist, statte ich ihr noch einen Besuch ab und stelle eine Kerze auf. Wir beenden den heutigen Tag mit der Zuversicht, dass ab morgen das Wetter wieder besser sein wird.






















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