30.09.2025: Von Antas nach Carreço (24,9 km)
Heute Nacht haben wir nicht sonderlich gut geschlafen. Direkt vor unserer Herberge verläuft eine Durchgangsstraße, die stark und zum Teil schnell befahren wird. Dementsprechend hoch ist auch der Geräuschpegel, und erst recht, wenn das kleine Fenster unseres Zimmers gekippt ist. Wenn man denkt, jetzt kann ich einschlafen, rauscht das nächste Auto vorbei und du bist wieder wach. Irgendwann schließt Jörg das Fenster und die Geräusche verhallen beinahe komplett. So können wir dennoch ein paar Stunden gut schlafen und stehen kurz nach 7:00 Uhr auf. Bis wir zum Abmarsch bereit sind, vergeht noch fast eine Stunde. Wir lassen uns halt für die Vorbereitung des Tages Zeit, damit auch nichts vergessen wird.
Direkt neben unserer Haustür beginnt die heutige Etappe und führt uns auf einem felsigen Weg durch einen Eukalyptuswald abwärts zum Rio Neiva, den wir über eine flache Steinbrücke überqueren. Danach geht es erstmals aufwärts nach Castelo de Neiva zur Igreja de Santiago. Dort finden wir zum ersten Mal den Pilgerheiligen. Unterwegs säumen verschiedene Skulturen und Reliefs den Wegesrand. Es geht weiter über Stock und Stein bis zum Mosteiro de São Romão do Neiva kurz vor Chafré, einem Ende des 11. Jahrhunderts gegründetes, ehemaliges Benediktinerkloster. Nur ein paar Ecken weiter und wir sind in Chafé, machen dort in Café São Sebastião gegen 10:00 Uhr unsere Frühstückspause, die rund eine Dreiviertelstunde dauert.
Nachdem es „endlich“ weitergeht, passieren wir mal wieder riesige Kohlstauden und etwas danach die Igreja de Santiago de Vilanova de Anha. In diesem Jahr liegen sogar in fast allen Kirchen Pilgerstempel aus. Wenn das so weitergeht, reicht unser Pilgerausweis nicht aus. Hinter Vilanova de Anha geht es zunächst moderat, dann aber sehr steil aufwärts. Am Straßenrand werden gegen einen kleinen Betrag Getränke, Snacks und ein Stempel angeboten und gegenüber befindet sich ein lavadouros (ein öffentliches Waschhaus) mit schön ausgemalter Decke. Auf der Höhe angekommen hat man schon einen schönen Blick auf Viana do Castelo. Besonders sticht das Santuário de Santa Luzia oberhalb der Stadt auf, das man zu Fuß oder mit einer Standseilbahn erreichen kann. Allmählich geht es wieder abwärts und je mehr wir der von Gustav Eiffel gebauten Brücke über den Rio Lima nähern, desto mehr riecht es nach Meer.
Immer wieder werden wir von freundlichen Portugiesen gegrüßt, aufgemuntert oder aus dem Auto angehupt oder nett gewunken. Man fühlt sich hier einfach willkommen, ein tolles Land. Toll ist die belebte Innenstadt von Viano do Castelo nicht gerade. Ein Blick in die Kathedrale, die gerade saniert wird und ein Vorbeimarsch am historischen Rathaus sowie der Igreja de Nossa Senhora da Agoniq und wir befinden uns schon wieder am Atlantik. Schon bald entdecken wir gegen 13:00 Uhr eine Rastmöglichkeit und nutzen diese wieder sehr ausgiebig. Bis hierhin haben wir bereits rund 28 Kilometer hinter uns gebracht. Heute habe wir tatsächlich wieder einige Pilger mehr gesehen als in den vergangenen Tagen.
Hier an der Küste merkt man die 26 Grad nicht, da eine leichte Brise weht. Wir treffen auf vier alte Windmühlen entlang der zerklüfteten Mondlandschaft, die aber oft kleinen Seen aufgenommen hat. Dazwischen suchen unzählige Möwen nach Futter. Am Ende des heutigen Strecke bekommen wir noch einmal die federnden Holzwege unter die Füße. In der Ferne sehen wir bereits den Kirchturm von Carreço. In unmittelbarer Nähe befindet sich unsere Unterkunft Casa Adro. Dort treffen wir gegen 15:15 Uhr ein und werden von dem Hospitalero in Empfang genommen. Die Herberge hat abgeschlossene Schlafboxen für jeden, das gefällt ins sehr gut. Am besten ist aber der zugehörige Salzwasserpool, den wir gerne nutzen. Hier in Carreço treffen wir Jonathan und Lukas aus Würzburg, die wie wir in der Herberge in Labruge übernachtet haben. Mit den beiden sitzen wir später auch im einzigen Restaurant von Carreço. 20 € für ein Pilgermenü hört sich zunächst viel an, aber dann wandern nacheinander auf den Tisch: kalte Frühlingsrolle mit Dip, Garnelen und Miesmuscheln, Avocado-Dip mit Keksen, eine Flasche Rotwein, eine Dorade mit Kartoffeln und Salat und ein Eis - nicht schlecht, oder?
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