Dienstag, 12. Juni 2018

Katastrophe am Morgen - Glückseligkeit am Abend

2. Etappe: Grado - Bodenaya (31 km, 6:30 Std)

Der Tag fängt richtig toll an. Um 5:30 Uhr stehe ich auf, packe meine Sachen und geh nach unten in den Aufenthaltsraum. Beim verpacken meiner Ausrüstung stelle ich fest, dass auch mein zweites Handy verschwunden ist. Ein japanischer Pilger unterstützt mich bei der Suche über eine App, aber erfolglos. Da ich meine Telefonnummer nicht auswendig kenne, rufe ich zu Hause an. Die Nummer hilf uns aber auch nicht weiter, da Google den Zugriff auf mein Konto von einem unbekannten Gerät sperrt. Nachdem ich mich über den PC der Herberge in meinem Google-Account eingelogge, gelingt ist das Handy anzusprechen und klingeln zu lassen. Und es ertönt tatsächlich der bekannte Volbeat-Klingelton.  Das Handy hat sich doch tatsächlich im Rückenteil des Rucksackes verfangen und war dort eingeklemmt. Wir sind alle glücklich über diesen Ausgang. Nun beruhige ich mich wieder und kann mit 1,5 Stunden Verzögerung endlich den heutigen Weg antreten. Mein Donativo fällt vor lauter Dankbarkeit etwas größer aus.
Es geht zunächst mit einem steilen Anstieg aus Grado heraus, danach wechseln sich ständig und wie bereits gewohnt unterschiedliche Höhen auf wenig genutzten Landstraßen ab. Nach circa drei Kilometern Mardch entscheide ich mich aufgrund der Wetterlage,  doch ein langes Hemd anzuziehen. Es ist noch recht frisch, grau und neblig. Allmählich wird der Camino anspruchsvoller. Steile Anstiege, steile Abstiege und manchmal auch tatsächlich flache Abschnitte. Das ist schon wesentlich anspruchsvoller als die gestrige Etappe. An einer Stelle ist der Weg so verschlammt, dass ich ohne meine Stöcke überhaupt nicht durchkommen würde. Trotzdem rutsche ich einmal aus und liege auf der Seite. Zum Glück ist nichts passiert. Zwei Kilometer später  folgt die nächste schwierige Passage. Hier geht es über mehrere Serpentinen steil bergab, der Untergrund ist sehr feucht und rutschig. Auch hier bin ich froh, ein drittes und viertes Bein dabei zu haben. Bei der Überquerung des Rio Narceas fallen ein paar Regentropfen sus dem wolkenverhangen Himmel, doch der große angekündigte Regen ist bis jetzt ausgegeben. In Cornellana lege ich eine Pause ein, um endlich das vor lauter Aufregung ausgelassene Frühstück einzunehmen. Ich habe knapp elf Kilometer Wegstrecke hinter mir und mach mich nach knapp zwanzig Minuten wieder auf die Piste.
Zunächst laufe ich am 1024 gegründeten, ehemaligen Kloster San Salvador vorbei. Dahinter geht es auf einer Landstraße wieder einmal steil aufwärts. Bald erreiche ich wieder eine Passage, die sehr rutschig ist. Er ist übersät mit Matsch und in der Mitte fließt ein kleiner Bach den Berg hinunter.
Nach einem guten Kilometer ist dieser Abschnitt endlich vorbei. Das  kostet nicht nur viel Konzentration und Aufmerksamkeit, sondern auch sehr viel Energie. Als Belohnun dafür gönne ich mir jetzt eine Cola, die ich aus an Automaten am Straßenrand ziehe .
Kurz vor Salas kaufe ich mir an einem weiteren Automaten noch eine Dose. Um 12:45 Uhr erreiche ich Salas. Da ich gerade an Supermarkt vorbeilaufe, nutze ich die Gelegenhei, noch einmal Getränke nachzulegen und für den kleinen Hunger zwischendurch ein paar Riegel zu kaufen. Jetzt habe ich noch circa 5 Kilometer mit einem Höhenunterschied von 460 Höhenmeter zu bewältigen, bis ich in der Herberge in Bodensya. Ich hoffe, dass ich dort nach ein Bett bekomme .
Der steinige Weg steigt zunächst moderat an und ist zumindest im unteren Teil noch nicht besonders anstrengend. Inzwischen bin ich hier relativ allein, weit und breit ist niemand mehr zu sehen. Neben mir rauscht ein Bach in die Tiefe, der aufgrund der starken Regenfälle der letzten Tage deutlich mehr Wasser mit sich führt, als sonst. Mein Weg ist inzwischen ein einziges großes Rinnsal geworden und ich muss ständig auf dem Boden schauen, um nicht in eine Vertiefung zu versinken und nasse Füße zu bekommen. Vor der Abreise habe ich mich für Halbschuhe entschieden, so wie die meisten Pilger hier auch.
Dann macht der Weg plötzlich eine Linkskurve und ich stehe vor einer Wand, die sich steil vor mir auftürmt. Schließlich komme ich zu einer Straße, auf der ich eine Weile bleiben muss. Hier oben wird der Niederschlag des Nebels stärker.
Bevor ich die Straße verlasse, ziehe ich den Regenschutz über den Rucksack und meine Regenjacke an.
Der Weg ist wieder sehr matschig und ich muss gut aufpassen, wo ich hintrete. Gleichzeitig wird es wieder steiler, doch es sind nur noch wenige Schritte bis Bodenaya, wo ich gegen 14:30 Uhr eintreffe. Ich werde herzlich von David begrüßt und ja, er hat noch ein Bett für mich frei. Die Herberge ist wirklich kultig und ich fühle mich hier gut aufgehoben. In dem alten Steinhaus ist um Untergeschoss der Aufenthaltsraum mit kleiner Küche, im Obergeschoss in drei Zmmetn die Betten. Es riecht nach Räucherstäbchen und es läuft atmosphärische Musik. Celia nimmt mich auf und erklärt uns,  dass die Herberge nun unser Zuhause während des Aufenthaltes sei. Es gibt ein Abendessen und Frühstück, Wäsche wird gewaschen  und eibe gemeinsame Uhrzeit zum Aufstehen vereinbart. Das komplette Paket gibt es auf Spendenbasis. Da fühlt man sich nach 31 Kilometern mit rund 1200 Höhenmetern einfach nur wohl und genießt.

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