Ich frage mich wirklich, warum ich schon um 5:30 Uhr wach bin. Sagt mir meine innere Uhr tatsächlich, dass ich früh aufstehen muss, um den Bus von Muxia nach Santiago zu erreichen? Wer weiß es? Tatsache ist, dass Olli und ich unsere Schlaf- und Rucksäcke wie immer rücksichtsvoll ergreifen und einen Stock tiefer erst richtig verpacken. Es gibt da ganz andere Zeitgenossen, die gerne noch den Schlafenden mitteilen möchten, dass sie in absehbarer Zeit die Herberge verlassen werden. Von der Unterkunft sind es nur ein paar Minuten bis zu einer Bar, vor der die Busse nach Santiago abfahren. Unser Bus fährt um 6:45 Uhr, es bleibt also genügend Zeit in der bereits geöffneten Bar ein Frühstück zu sich zu nehmen. Fast pünktlich fährt der Bus tatsächlich los, nachdem wir um jeweils acht Euro für die Fahrt erleichtert wurden. Für eine Dauer von fast 90 Minuten ist das jedoch sehr preiswert im Verhältnis zu unseren heimischen Tarifen. Vom Bushof in Santiago laufen wir mit geschultertem Rucksack zunächst zum Seminario Menor, in dem wir bereits die erste Nacht unserer Reise verbrachten. Wir haben Glück und dürfen tatsächlich schon unsere Einzelzimmer beziehen, obwohl dies erst offiziell ab 13:30 Uhr möglich ist. Danach drehen wir eine Runde durch die noch leblose Stadt und lassen uns in einer Bar zur Pause nieder. Wir treffen in einem Souvenir-Shop Klaus aus Stuttgart und sagen "Lebe wohl". Gegen Mittag will Olli noch einmal in die Herberge zurück, während ich in der Stadt bleibe. Ich habe auch schon einen Plan und werde die Pilgermesse um 12:00 Uhr besuchen. Heute begebe ich mich in die Nähe des Nordportals und habe wiederum Glück, denn der Botafumero wird erneut in Bewegung gesetzt. Nach der Messe schlendere ich durch die Gassen, sehe Karla aus Bonn und, zu meiner Freude, unsere Vermieterin aus dem Vorjahr. Sie scheint bester Gesundheit zu sein und sucht immer noch auf der Plaza de Obradoiro nach Mietern für ihre Zimmer. Den anschließenden Besuch der Markthalle verbinde ich mit einer kleinen Portion Pulpo, den besten, den es in Santiago gibt! Danach finde ich noch ein paar Souvenirs und besorge mir etwas zu trinken. Die nächsten zwei Stunden sitze ich vor der Kathedrale und beobachte die Menschen, die gerade ihre Pilgerfahrt beenden. Dabei bin ich ziemlich tiefenentspannt. Ich spüre, das ich die ganze Zeit ein Lächeln im Gesicht habe. Genauso, wie die ankommenden Pilger! Es ist eine Freude zu sehen, wie die unterschiedlichsten Typen mit ihrem Ankommen umgehen. Die einen lassen sich auf dem Steinplatten vor der Kathedrale fallen, andere liegen sich in den Armen und wiederum andere erreichen singend den Platz. Kurz vor 18:00 Uhr erscheint auch Olli wie vereinbart auf dem Platz und setzt sich zu mir. Wir werden heute Abend nicht mehr allzu viel machen und suchen uns ein Plätzchen im Außenbereich des Cafe Albaroque, wo sich gerade eine Band für ihren Auftritt vorbereitet. Es wird ein schöner Abend mit inspirierender, keltischer Musik und einem netten Gespräch mit unseren Tischnachbarn aus der Schweiz.
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