Dienstag, 5. Juli 2016

Übernachtung bei einem Engel des Camino Inglés

Gestern Abend ist es doch noch spät geworden. Olli und ich waren so ziemlich die letzten Gäste die das Casa Grana verlassen haben. Auf den Hof der Herberge trafen wir noch Sebastian, den Slowenen. Während ich mit ihm noch ein Bier trank und erneut eine interessante Unterhaltung hatte, machte Olli sich bettfein. Bei dem Gespräch stellten wir fest, dass wir beide unsere Wurzeln in der Punkmusik hatten. Heute morgen wird es sehr früh unruhig im Haus,vor allem im oberen Stockwerk ist schon richtig was los. Wir lassen uns bewusst Zeit, denn wir wollen bei Maria im Restaurant ein Frühstück einnehmen. Diese Idee haben aber auch noch andere und so sitzt nun mindestens etwas mehr als die Hälfte im Gastraum vor einem gefüllten Teller. Erst um 8:45 Uhr brechen wir auf, nur die Mädels bleiben sitzen. In O Castro hat ein Künstler einige Skulpturen aufgestellt, darunter auch einen überdimensionalen Pilger. Kurz darauf laufen wir auf James und seinen Vater aus New York auf. Ich unterhalte mich in den nächsten Minuten mit dem mit starkem amerikanischen Akzent sprechenden Mann. Irgendwie hat James, den ich auf circa 13 oder 14 Jahre schätze, genug davon und möchte wieder mit seinem Dad alleine weiterlaufen. Damit haben wir überhaupt kein Problem und ziehen alleine weiter. Der Weg führt uns nun auf wenig befahrene Straßen nach Buscsas. Dort begrüßt uns aus einer Bar Sebastian mit einem Bier in der Hand. Wir wundern uns nur, er müsste eigentlich nach uns in Bruma gestartet sein. An der nächsten Ecke entdecken wir die kleine örtliche Kirche, die zu unserem Erstaunen geöffnet ist. Da lassen wir uns nicht zweimal bitten und schauen uns das für die Größe der Kirche erstaunlich prächtige Inventar an. Außerdem spreche ich leise vor mich hin ein kurzes Gebet für meinen verstorbenen Pilgerfreund Franz-Josef. Morgen werde ich in der Kathedrale zu seiner Erinnerung eine Kerze entzünden. Dabei schließe ich alle Verstorbenen meiner Familie mit ein. Nun wechseln sich hübsche Hohlwege mit kleinen Straßen ab. Gegen 11:30 Uhr machen wir eine Rast in Calle, dort bittet uns die Bar Cruzeiro zu einem Imbiss, der aus Tortilla de patatas besteht. Und erneut wundern wir uns über Sebastian, der anscheinend an uns vorbeigeflogen ist. Gesehen haben wir ihn jedenfalls nicht. Bei uns wird es nach dem Snack Zeit, wieder Staub unter die Füße zu bekommen. Zunächst pilgern wir auf angenehmen Waldwegen, dann gibt es wieder vermehrt Asphalt. In dem Örtchen Baizoia entdecke ich einen Getränkeautomaten, dem wir zwei Dosen Shandi entlocken können. Danach wird es richtig schwierig für den Kopf, es geht gefühlt kilometerlang auf einem Schotterweg geradeaus in Richtung Sigüeiro. Unterwegs treffen wir vermehrt Pilger, die es sich im Gras gemütlich gemacht haben. Einige werden wir später in unserer Herberge wiedersehen. Endlich ist die langwierige Pilger-Autobahn zu Ende und wir sind am Rande von Sigüeiro gelandet. Über mein Handy navigiere ich uns zur Albergue de Delia, in der uns mein Pilgerfreund Stefan - der dort Dauergast ist - eingebucht. Dafür sei Stefan an dieser Stelle gegrüßt und gedankt. Wir treffen dort um 14:45 Uhr ein und werden von Maria mit einem Lächeln begrüßt. Sie zeigt uns die Einrichtung, dann erledigen wir die Formalitäten. Maria hat ihre Albergue sehr liebevoll eingerichtet und bemüht sich sehr intensiv und das Wohl ihrer Gäste. Die vielen "Danke-Zettel" an den Wänden zeigen eindrucksvoll ihr Wirken. Wir fühlen uns jedenfalls sofort sauwohl. Bereits vor uns sind Sunya, ihr Mann Steven und ihre Tochter Kathryn - ebenfalls aus New York - eingetroffen, die wir auch von gestern her kennen. Kathryn kann ganz gut Spanisch und hilft uns als Dolmetscherin. Olli sagt mir später, dass sie und weitere Übernachtungsgäste aus Bruma der Meinung waren, ich sei ein Arzt. Ich habe keine Ahnung, wie man darauf gekommen ist. Inzwischen sind wir geduscht und unsere Wäsche macht in der Waschmaschine einen Überschlag nach dem anderen. Den Rest des Tages ruhen wir uns aus, gehen noch eine Kleinigkeit essen und bereiten uns auf den Einzug in Santiago de Compostela vor. Hilfreich wird dabei die Nacht in kuscheliger Bettwäsche anstatt im, Schlafsack sein, eine weitere Annehmlichkeit unserer Albergue. Beim Abendessen treffen wir nochmal die vier Mädels und bei der Rückkehr zuer Albergue gibt uns Maria noch zahlreiche Tipps für die weitere Reise. Dazu gesellen sich noch Karhryn mit Familie und wir plauschen noch ein wenig über den Camino.


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